Die Geschichte von Hanni und Mogli Junior — Mutter und Sohn, die vor einigen Wochen bei uns einziehen durften, ist eigentlich keine klassische Rettungsgeschichte. Und doch ist es eine Geschichte mit Happy End für Vater, Mutter und Kinder.
Angefangen hat die Geschichte damit, dass ich zusammen mit Angelina, die Vorsitzende von Schokuhminza e.V., für eine Initiative unterwegs war, die sich „Kuhnection“ nennt. Bei der Initiative geht es darum, Landwirten und Landwirtinnen eine Alternative in Form eines Rinderpensions-Hofs, anstelle von klassischer Nutztierhaltung, aufzuzeigen.
Zusammen haben wir einen Landwirt besucht, den ich über die sozialen Medien schon lange kenne. Der Landwirt betreibt eine sogenannte Mutterkuh-Haltung, bei der Bulle, Kühe und die Kälber zusammen im Herdenverbund leben. Mitten in dieser Kuhherde haben wir viele wertvolle Gespräche geführt. Besonders auffallend empfand ich dabei die Ruhe, die diese Herde ausstrahlte, was natürlich auch dafür spricht, wie der Landwirt mit seinen Tieren umgeht.
Allen voran der Herden-Bulle Fridolin. Er hat mich sofort in seinen Bann gezogen. Noch nie hatte ich einen derartig sanftmütigen Bullen persönlich kennengelernt.
Und dann die niederschmetternde Information, die mich sehr betroffen machte: Der Schlachttermin für Fridolin stand bereits fest und war nur wenige Tage nach diesem Treffen geplant.
Wir diskutierten weiter: Sprachen über das Pensions-Modell, die Möglichkeit von Kuh-Patenschaften und immer wieder über Fridolin. Es war offensichtlich wie schwer der geplante Schlachttermin von Fridolin auch der Familie im Magen lag.
Bevor wir wieder nachhause fuhren, sagte Angelina zu mir: „Ich glaube Fridolin wird nicht sterben.“ — und sprach damit meine Gedanken aus.
Fridolin soll leben
Nur wenige Tage später telefonierte ich wieder mit dem Landwirt. Auch wenn er sich vorerst gegen eine Umstellung des Betriebs auf ein Rinderpensions-Modell entschied, hat er auch eine andere Entscheidung getroffen: Fridolin darf bleiben — für immer! Der geplante Schlachttermin wurde abgesagt.
Voller Freude über die Entscheidung, habe ich direkt eine Patenschaft für Fridolin übernommen. Inzwischen sind andere Menschen dazu gekommen, die auf diese Weise den Lebensplatz von Fridolin unterstützen.
Kurz danach bin ich wieder hingefahren. Um mein neues Patenkind zu besuchen, aber vor allem auch, um über ein ganz anderes Thema zu sprechen….
Ich habe dem Landwirt von meinem ganz persönlichen Herzenswunsch erzählt: Ich wollte gerne eine trächtige Kuh retten.
Oft war ich als Kind dabei, wenn Kälber geboren wurden. Ausnahmslos wurden diese direkt von der Mutter getrennt. Auch fast alle Rinder, die heute bei uns auf dem Lebenshof leben, sind ohne ihre Mütter aufgewachsen.
Ich hatte den tiefen Wunsch zu erleben, wie Mutter und Kalb zusammen aufwachsen können und für immer zusammen bleiben können. Ich wollte gerne, dass eine Kuh, die vielleicht viele Kälber bereits verloren hat, genau das erleben darf. Und ich wünschte all die Menschen, die unseren Geschichten über die sozialen Medien folgen, genau das erleben können — wie es eigentlich sein könnte.
Kuh Hanni und Sohn Mogli
Doch es kam anders: Anstelle von einer Kuh, die sicher trächtig war, schlug die Familie vor, dass Hanni und ihr fünf Monate alte Sohn Mogli bei uns einziehen könnten und erzählte mir die Geschichte der beiden, während er Hanni im Arm hielt.
Hanni, zu diesem Zeitpunkt knapp zehn Jahre, war die älteste Kuh in der Herde und hatte bereits acht Kälber zur Welt gebracht. Es wäre Zeit für sie in Rente zu gehen, so der Landwirt. Aber schlachten lassen wollte er sie nicht. Zu sehr war der ganzen Familie die Kuh ans Herz gewachsen.
Auch der kleine Mogli hatte eine besondere Geschichte. Bei der Geburt gab es Komplikationen und das Kalb wäre fast gestorben. Tagelang hat der Landwirt um das Leben des Kleinen gekämpft und ihm dabei versprochen: Wenn er das überlebt, würde er nicht sterben.
Eine Untersuchung des Tierarztes hatte ergeben, dass Hanni aller Wahrscheinlichkeit nach nicht trächtig ist…
Ein Lebensplatz für Mutter und Sohn
Die Geschichte der beiden ging direkt ins Herz und für mich war klar: Die Rettung einer trächtigen Kuh muss warten!
Ein paar Wochen danach sind Hanni und der kleine Mogli bei uns eingezogen. Da wir zu dieser Zeit bereits einen Ochsen, genannt Mogli, in der Herde haben, wurde aus dem Kleinen Bullen kurzerhand Mogli Junior — oder einfach Junior.
Seither gibt es keinen Tag, an dem ich an dieser Entscheidung gezweifelt habe. Die beiden sind eine große Bereicherung für unsere Lebenshoffamilie. Mutter und Sohn so liebevoll zusammen zu erleben und zu wissen, dass sie für immer zusammen bleiben können, ist sehr besonders.
Hanni bringt mir ein unglaubliches Vertrauen entgegen. Oft sitze ich bei ihr und sie schläft tief und fest auf meinem Schoss ein. Auch “Junior” ist zur großen Freunde für uns alle geworden und hat in der Herde bereits dicke Freunde gefunden.
Happy End
Das alleine wäre schon ein Happy End für Fridolin, Hanni und Mogli Junior. Aber…
… auch ein weiteres Wunder wächst heran. Eine weitere Untersuchung kurz nach dem Einzug hat ergeben: Hanni ist doch trächtig und wird in ein paar Monaten ein weiteres Kalb bekommen.
Die Freude darüber, dass Junior noch ein Geschwisterchen bekommt ist natürlich groß. Voller Vorfreude blicken wir in die Zukunft dieser kleinen Familie.
Als ich die Neuigkeiten dem Landwirten schrieb, antwortete er: „Das muss ich Fridolin erzählen“…
Ein Tier zu retten verändert nicht die ganze Welt, aber die ganze Welt verändert sich für dieses eine Tier….
… und unsere jedes Mal ein Stückchen mit.
Euer Joar
Einzug von Kuh Hanni mit ihrem Sohn Mogli Junior
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